Tango-Chanson-Abend
Argentinisches Feuer und preußische Disziplin, Leidenschaft und Kodderschnauze, Drama und Fleiß – seit nunmehr 40 Jahren überbrückt Miguel Levin in seinem Bühnenwerk kokett und tiefgründig halb Europa und den Atlantik und verbindet dabei die Welt des Tangos mit der des deutschen Chansons.
In seinem aktuellen Programm zeigt Miguel Levin das Wesen eines in zwei Welten beheimateten Fremden: Er lässt uns mit Tangos von Astor Piazzolla, Horacio Ferrer, Homero Manzi, Carlos Gardel, Enrique Santos Discepolo, Maria Elena Walsh und Catulo Castillo die Sehnsucht nach der alten Heimat Buenos Aires spüren. Er führt uns mit seinen einzigartigen Tango-Interpretationen durch das melancholische Großstadtleben einer längst vergangenen Zeit, in der es eine Parallelwelt zum fast europäisch anmutenden Alltag gab, wo es immer regnete, der Macho an unerwiderter Liebe Qualen litt und die Frauen am gebrochenen Herzen jämmerlich zugrunde gingen.
Levin lässt uns jedoch nicht alleine in diesem grau besungenen Elendsleben, sonder heitert uns immer wieder durch die Poesie des Tangos auf und streichelt die wunden Herzen mit Milongas wieder froh.
Und dann setzt er zum Spagat über den Atlantik: Miguel Levin landet dabei in der Weimarer Republik, in der Adenauer-Ära, in einem Deutschland, das es auch nicht mehr gibt, aber das ihm umso mehr nach seiner Ankunft hier vor 40 Jahren eine neue Heimat geworden ist. Wir hören die Dietrich und die Knef, Bertold Brecht, Kurt Weil und Friedrich Hollaender – und entdecken, dass dieses Deutschland auch trotz der von Levin bewunderten und selbst auferlegten Disziplin und Geradlinigkeit, oder vielleicht gerade deswegen, voller Melancholie und Wehmut, triefend von Leidenschaft und Sehnsucht ist. Hinzu kommt das Besondere Berlins, das Miguel Levin in sein Programm bestens einbaut: der trockene Humor, das immer etwas Verwahrloste, das fast gefeierte Schmuddelige.
Interpretation: Miguel Levin
Am Flügel: Robert Schmidt
Fotograf : Heinz Schuster