Lesung aus dem Buch von Elena Chouzouri
Veronika K., 58 Jahre alt, von mittlerer Größe und mit einem Gesicht, das sich standhaft gegen die Zeit verteidigt, sucht Schutz vor der Sonne und vor den Fragen, die in ihrem Innersten brennen: Was hat sie in ihrer usbekischen Geburtsstadt Taschkent Wertvolles zurückgelassen? Wie sah ihr Leben in der Sowjetunion aus? Welches Geheimnis überschattete ihre Kindheit? Was hat ihr dominanter Vater, der als Partisanenkämpfer und Altkommunist geehrt wird, ihr in Wirklichkeit angetan? Was ist aus ihrer großen Liebe, dem Juden Iosif, geworden? Und wie entwickelte sich ihr neues Leben in Griechenland, das sie schon als Kind lernen musste, als ihre Heimat zu betrachten? Wie hat diese heiß ersehnte Heimat sie 1989 empfangen? Welche Träume sind dabei geplatzt?
Durch die Interview-Anfrage der jungen Journalistin Danae nach den Kindern der griechischen politischen Flüchtlinge, die repatriiert wurden, sieht Veronika sich gezwungen, ihre Vergangenheit als Exil-Kind in Usbekistan mit ihrem jetzigen, grauen Leben in Athen zu vergleichen. Eine Recherche mit Folgen, sie wird die Erste und Letzte sein für die 27-jährige Journalistin, denn die Zeitung schließt. Die heutige Krise fordert auch von Danae einen ähnlichen Preis wie bei ihrer Interviewpartnerin Veronika: Emigration. Doch bevor sich sie ihrem Schicksal ergibt und ihrem Land mit dem blauen Himmel und der lügnerischen Sonne den Rücken kehrt, wird sie noch überraschende Fakten über Veronika K’s Leben aufdecken.
Elena Chouzouri, eine der bekanntesten Autorinnen und Journalistinnen Griechenlands, beschreibt den Konflikt der zwei Identitäten, der durch Migration entsteht und von den Eltern auf die Kinder übertragen wird. Die Schicksale der Protagonisten sind Schnittpunkte der Geschichte Europas und das Wort ›Heimat‹ wird als Marke in das Herz der jüngeren Generation gebrannt: Kinder, die in einem anderen System mit anderen Werten und Überzeugungen groß werden, zwischen Tradition und Globalisierung ihre eigenen Werte suchen und durch ihre persönlichen Verluste und Enttäuschungen erwachsen werden.
Presse:
»Denken wir an Griechenland: Wirtschaftskrise, Sommerurlaub, Antike, Gastarbeiter, „griechischer Wein…“. Und neben diesen plakativen gibt es manche Assoziation mehr in den Vorstellungen von Griechenland. Doch wer im Hier und Heute denkt an den Bürgerkrieg? Und wer an die Menschen, die Griechenland verlassen mussten, Unterschlupf in Usbekistan fanden und doch immer nur in ihre idealisierte Heimat wollten? Die schlicht ausgelöscht wurden in ihrer Heimat und erst Jahrzehnte später zurückkehren, sich repatriieren durften? „Als könnten sie ihr Dort und ihr Hier nicht unter einen Hut bekommen“, heißt es über die Kinder der repatriierten Griechen. Dieser Satz gibt eine Vorstellung von Migration. Wie wäre es für uns, fremd in einem Land zu leben? Könnten wir Heimat finden? Und was ist das dann: Heimat«
Quelle: www.kultur-port.de
»Ohne Angst vor Rührung stellt das Buch erfolgreich und stringent eine Verbindung zwischen dem Gedenken und dem Trauma der Geschichte Griechenlands und seiner heutigen Krise her.«
Titika Dimitroula – Kathimerini
»Die Tragödie des jungen Menschen, der sich gezwungen sieht, am Rand einer Heimat groß zu werden, die ihn ablehnt.«
Thomas Korovinis – O anagnostis
»Mutter Heimat, die absolute Fremde.«
Vangelis Chatzivasiliou – To Vima
Die Autorin:
wurde 1952 in Thessaloniki geboren. Ihre Familie stammt aus dem realen Alexis-Sorbas-Ort Kolindros am Fuß des Olymps. Sie studierte Jura an der Universität Athen und wechselte mit 19 zum Journalismus über. Viele Jahre war sie im Bereich Kultur und Literatur für Tageszeitungen und Zeitschriften tätig. Achtzehn Jahre lang gestaltete und moderierte sie die Büchersendung im Fernsehen »Mein Freund J. Gutenberg« und war darüber hinaus Mitarbeiterin bei kulturellen Themen in dem Fernsehmagazin »Kunst und Kultur« beim Staatlichen Fernsehsender. Außerdem wirkte Chouzouri bei der Bücherpräsentation der Fernsehsendungen »Βιβλιόραμα«, »Πνεύμα αντιλογίας« und »’Εχει γούστο« mit. Sie arbeitete als Literaturkritikerin und Beraterin bei Athener Verlagen und veröffentlichte Gedichtsammlungen sowie Charakterstudien und Schriften über griechische Literatur und Romane. Viele ihrer Werke wurden ins Serbische, Bulgarische und Türkische übersetzt.
Elena Chouzouri liebt das Reisen und die Geschichte. Für die Schauplätze ihrer Romanhelden reiste sie nach Bulgarien, Usbekistan und Israel, um die idealen Handlungsörtlichkeiten und Bilder für ihre Bücher aufzuspüren. Seit Kindestagen liebt sie Musik, insbesondere die Klassik, die sie schon im Elternhaus hörte, und später auch die Rockmusik ihrer Jugendjahre. Die Autorin lebt in Athen. Beim Entwerfen ihrer neuen Werke hört sie am liebsten Johann Sebastian Bach und Hatzidakis.
Die Übersetzerin:
Brigitte Münch
wurde 1947 in Düsseldorf geboren. Sie besuchte das humanistische Gymnasium und absolvierte anschließend eine dreijährige Buchhändlerlehre. Danach verbrachte sie ein Jahr in Thessaloniki, Griechenland und kehrte nach Deutschland zurück, um in ihrem Beruf als Buchhändlerin in Buchhandlungen und Verlagen zu arbeiten. Von 1979 bis 1985 lebte sie in Kairo, Ägypten und arbeitete bei Radio Kairo für den Local European Service. Seit Ende 1985 lebt sie als freie Übersetzerin und Autorin auf der Kykladeninsel Naxos. Brigitte Münch ist Fördermitglied der Gesellschaft der Griechischen AutorInnen in Deutschland e. V. und hat zahlreihe Veröffentlichung als Übersetzerin und Autorin.